Es passiert so viel, dass es mir schwer fällt den Moment abzupassen, ihn festzuhalten und dann auch noch die richtigen Worte für ihn zu finden. Unglaublich und nicht zu verstehen, schon über zwei Monate an meinem Traumort zu sein. Monatelang habe ich mich auf diese Zeit gefreut, jahrelang habe ich mich danach gesehnt. Nach einem neuen Abenteuer, weit weg sein und endlich Zeit für all die Dinge, die ich doch gern gestern schon machen wollte.
GESTERN
Gestern, war nicht alles besser. Gestern war ein ganz schönes Durcheinander, aber auch ganz okay.
Wer wir heute sind, ist sehr viel aus dem entstanden, wer wir gestern, und ein paar mehr gestern davor, zu sein gedacht haben. Wie ich morgen sein möchte, hat vor allem damit zu tun, wie ich gestern nicht sein wollte, aber war.
Hier und gerade jetzt, lebe ich wohl jeden Tag viel mehr, als in Deutschland. Irgendwie hat hier jeder Tag viel zu wenige Stunden für all die Dinge, die ich im Kopf habe. Und umso kürzer fühlt sich das Leben hier an. Ich möchte nicht an Februar denken, ans Zurückkommen. Hab‘ total Angst, dass es dann das letzte Mal gewesen ist, dass ich an so einem Ort, in so einem Erlebnis, auf so einer aufregenden Reise stecke.
Erst Work and Travel, dann Auslandssemester. Zwei gängige Stops auf dem Weg Richtung Arbeitsleben und ernsthaftes Erwachsensein. Wann und wo wartet denn dann die nächste Gelegenheit auf mich?
Leben, bitte bleib‘ so abenteuerlich und bitte, wirklich bitte, bleib‘ niemals stehen.
Ich versuche so viel wie möglich ‚Ja‘ zu sagen, auch zu mir und meinen Bedürfnissen. Die ersten Wochen war es merklich schwer da eine Balance zu finden. Gerade heute habe ich aber endlich wieder das Gefühl Kontrolle zu besitzen. Und dennoch:
Manchmal hab‘ ich einen Schmerz. Ein dumpfes Gefühl, als hätte man zu viel gedacht. Als müsste man endlich mal wieder bis zur Atemnot rennen und viel zu laut lachen, den Körper spüren und einfach mal nicht denken. Oder wenigstens einfach etwas weniger davon.
Es ist schön nochmal für mehrere Monate hier in Perth zu leben. Diesmal viel erwachsener, zielstrebiger und achtsamer:
Ich liebe die seltsam schreienden Vögel, ihr nervig lautes Krähen als würden sie sich beschweren versetzt mich in die Zeit zurück, als ich vom Arbeiten kommend in unserem Van – back in 2014 – Mittagsschlaf machen wollte und alle paar Minuten, von diesem Geräusch geweckt, hochgeschreckt bin. Ich liebe es mir einen Matcha Latte im Uni Café zu bestellen. Ich mag die frühen Sonnenuntergänge. Sogar den stürmischen Winterregen, der einen viel öfter und viel mehr erschreckt, als es jeder triste deutsche Wintertag könnte. Ich mag unser Apartment hier so gern, obwohl es viel kälter und karger ist, als ich es in Deutschland jemals für eine längere Zeit aushalten könnte.
HEUTE
Ich bin so dankbar, endlich all die Aktivitäten zu machen, die ich mir vor 5 Jahren hier nicht „erlaubt“ habe, aus Angst zu viel Geld auszugeben und aus einer Mentalität heraus, die besagt, dass der nächste Tag bestimmt besser für einen fancy drink,
das nächste Date bestimmt passender für das leckere Dessert,
und gestern wäre es vermutlich am besten gewesen, wenn wir noch ein paar Minuten länger am Strand gesessen hätten.
Alles könnte besser sein, nur nicht heute.
Alles war nicht besser, damals.
Heute, jetzt, ist das anders, zumindest nehme ich mir das vor – so ehrlich muss ich sein – , denn noch lang ist der Gedanke ans „Bessere“ nicht erloschen.
JETZT
Von Montags um 9 bis Mittwochs um 13 Uhr bin ich verunsichert, fühl‘ mich meistens deplatziert, etwas dumm und erfolglos. Auch wenn ich die Themen und die Art, die Inhalte zu präsentieren, eher einfach einschätzen würde, ziehen mich Aufgaben wie Essays schreiben und Woche um Woche neue Gruppenarbeiten eher runter. Dann wird auch noch die Beteiligung im Tutorium benotet und ich bin gefühlsmäßig total raus.
Wenn man wenigstens in den Tutorien einfach etwas vorrechnen könnte, oder etwas komplexes vortragen, was man vorher stundenlang erarbeitet hat. Aber diese Smalltalk- und offene Diskussion-Situationen inmitten von Muttlersprachlern ist eine Herausforderung.
Umso wichtiger ist es, regelmäßig raus zu flüchten. Den Kopf mal wieder mit ganz vielen Marmeladeglas-Momenten zu füllen und zu fühlen, wieso, weshalb und wofür man eigentlich hier ist. Genau an diesem Ort und jetzt will man doch vor allem: Leben und genießen.
Wenn ich das ‚jetzt‘ spüre, dann denke ich nicht nach. Dann merke ich erst Sekunden nach dem Moment, wie schön er eigentlich war. Die Zeit rauscht dann vorbei, Kleinigkeiten verschwimmen wie die Sonnenstrahlen überm Horizont und man merkt, endlich, dass man einfach gelebt, genoßen und frei war.
[…] traurig, denn so ist das Leben), teile. Außerdem habe ich vor einigen Tagen schon mal ein kleines Tagebuch aus Perth auf meinem Blog […]